Der Glaube an etwas Grosses

Sven Kuonen, Cheftrainer des RLZ Jungfrau, beim Coaching mit den Athleten Tanja Brawand und Gian Adank (vlnr).

«Jedes Kind verdient die Möglichkeit, optimal trainieren zu können», findet RLZ Jungfrau Cheftrainer Sven Kuonen. Es ist kaum möglich, auf Stufe JO bereits zu sagen, welche Kinder es einmal schaffen werden. Zu viele Faktoren spielen mit. Das Geburtsdatum ist und bleibt ein grosses Thema. Wie in anderen Sportarten auch, sind Kinder im Vorteil, die früh im Jahr Geburtstag feiern dürfen. Es ist eine Milchbüchlein-Rechnung: Ein Kind, das am 1. Januar zur Welt kam, ist ein Jahr älter als jenes vom 31. Dezember. Diesen Faktor können Trainer einigermassen im Auge behalten und in die Beurteilungen einfliessen lassen. Zudem laufen Bestrebungen, ein etwas faireres System zu finden.

Faktor Entwicklung

Doch es gibt unzählige Faktoren, die niemand beeinflussen kann. Da wäre die körperliche Entwicklung, die bei allen anders verläuft. Sogenannte Spätzünder können im Erwachsenenalter noch viel länger aufholen und sich steigern als Kinder, die in der Entwicklung ihrem Jahrgang stets voraus sind.

Weiter kommt die technische Entwicklung dazu. Die Fähigkeiten, sich koordinativ oder auch konditionell genug stark weiterzuentwickeln, um dereinst mit den Besten mithalten zu können, haben nicht alle im gleichen Masse in die Wiege gelegt bekommen. Stichwort: Talent. Auch den manchmal notwendigen Dickschädel haben lange nicht alle.

Faktor Wille

Der unbändige Willen, mehr zu leisten als die anderen. Der Glaube daran, dass es tatsächlich möglich ist, den Sprung ins nächsthöhere Kader oder gar in den Weltcup zu schaffen. Diesen Ehrgeiz und auch die Bereitschaft, auf einiges zu verzichten, das Gleichaltrige tun und nicht lassen müssen, das braucht es, um es tatsächlich zu schaffen.

Der Sieger vom Slalom von Val-d’Isère, Henrik Kristoffersen, ist ein Paradebeispiel. Er galt als Kind als untalentiert. Er wusste, was die Experten glaubten zu wissen, und war bereit, es ihnen zu zeigen. Er sagte mal dazu: «Ich bin der Beweis dafür, dass sich harte Arbeit auch dann auszahlt, wenn man keine natürliche Begabung hat».

Gerade den Faktor Wille und die Bereitschaft, Grosses zu erreichen, können Trainer und Familien beeinflussen. Es braucht manchmal ein, zwei motivierende Worte, um die nötige Leistung abrufen zu können. Es ist ab und an nötig, dass Kinder an ihre aktuellen Grenzen stossen. Zugleich müssen aber auch Wege präpariert sein, um diese Grenzen auszuweiten.

Die nötigen Rahmenbedingungen

Hier kommt die Arbeit des RLZ Jungfrau respektive aller Regionalen Leistungszentren im Berner Oberland zum Tragen. Profis arbeiten mit den Kindern. Die Trainer sind erstklassig ausgebildet und wissen, wovon sie reden. Sie alle durften schon miterleben, wie einige aufsteigen und nun an den Winterwochenenden am Fernsehen zu bestaunen sind. Es ist aber auch allen bewusst, dass es lange nicht jedem bis in den Weltcup reichen wird.

«Das Leben im Ski-Kader hilft allen weiter im Leben. Attribute wie Teamfähigkeit, Anpassungsfähigkeit oder Selbstständigkeit werden täglich gelebt», sagt Sven Kuonen. Er ist sich da mit Alt-Bundesrat Adolf Ogi einig: Sport ist eine Lebensschule. Schon nur deshalb habe jeder eine Chance verdient. Wie heisst es so schön: Der Glaube versetzt Berge.

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